Direkte Demokratie

(13.12.2022)


Wie Bürger*innen derzeit schon direkt mitbestimmen könn(t)en. 

Für die Mitbestimmung durch die Bevölkerung auf kommunaler Ebene bietet die Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung (K-AGO) die Instrumente des Volksentscheides, des Gemeindevolksbegehrens, der Gemein­devolksbefragung und der Bürgerver­sammlung an. Mit 1. Jänner 2023 wird auch ein neues „Petitionsrecht“ einge­führt, das die bisherigen Möglichkeiten ergänzen wird. 


Volksentscheid

§ 51 K-AGO bietet dem Gemeinderat die Möglichkeit, einen zur Beschluss­fassung vorliegenden Antrag einem Volksentscheid zu unterziehen. Zu die­sem Zweck hat der Gemeinderat eine Verordnung zu erlassen, welche den Tag des Volksentscheides, den Stich­tag und den Wortlaut des beantragten Beschlusses zu enthalten hat. Dieser Antrag auf Anordnung eines Volkent­scheides muss von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Gemeindera­tes unterfertigt sein.  

Selbstverständlich können Gegenstand eines Volksentscheides nur Angelegen­heiten sein, die von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen sind. Nicht Gegenstand eines Volksent­scheides dürfen Abgaben, Tarife und Gegenstände, die ausschließlich eine individuelle behördliche Entscheidung oder eine sonstige individuelle perso­nenbezogene Maßnahme erfordern, sein. Ebenso dürfen auch Wahlen nicht zum Gegenstand eines Volksentscheides ge­macht werden.

Für die Durchführung des Volksent­scheides sind die Gemeindewahlbe­hörde und die Sprengelwahlbehörden berufen. Stimmberechtigt sind alle Männer und Frauen, die am Stichtag Gemeindebürger waren. Für das Ab­stimmungsverfahren gilt die Kärntner Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl­ordnung sinngemäß mit der Maßgabe, dass die Gültigkeit und Ungültigkeit der Stimmzettel nach dem Kärntner Volks­abstimmungsgesetz zu beurteilen ist.  

Die Abstimmung erfolgt mit amtlichem Stimmzettel, auf dem der beantrag­te Beschluss wörtlich abzudrucken ist. Außerdem hat der amtliche Stimmzettel links unten das Wort „ja“ und daneben einen Kreis und rechts unten in gleicher Druckschrift das Wort „nein“ und dane­ben einen gleich großen Kreis zu ent­halten. Die Kosten für die Herstellung der Stimmzettel hat die Gemeinde zu tragen.  

Lautet mehr als die Hälfte der abge­gebenen gültigen Stimmen auf „ja“ so hat dies die Wirkung einer Annahme des Beschlussantrages durch den Ge­meinderat. 

Eine nochmalige Befassung des Gemeinderates hat daher nicht zu erfolgen. Lautet die Hälfte oder mehr der abgegebenen gültigen Stimmen auf „nein“, so gilt der Beschlussantrag als durch den Gemeinderat abgelehnt.

Das Ergebnis ist schließlich von dem/ der Bürgermeister*in zu verlautbaren. 


Gemeindevolksbegehren

In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches können Gemeinde­bürger*innen Anträge an die zuständi­gen Organe der Gemeinde (Gemeinde­rat oder Gemeindevorstand) stellen. Ausgenommen davon sind wiederum Abgaben, Tarife und Gegenstände, die ausschließlich eine individuelle behörd­liche Entscheidung oder eine sonstige individuelle personenbezogene Maß­nahme erfordern. Zur Stellung eines solchen Antrages sind fünf Prozent der wahlberechtigen Gemeindebürger*in­nen berechtigt.  

Ein Gemeindevolksbegehren ist bei dem/der Bürgermeister*in schriftlich einzubringen und hat zu enthalten:

  • einen auch dem Wortlaut des zu fassenden Beschlusses umfassenden Antrag,
  • das Gemeindeorgan, an das sich der Antrag richtet,
  • die Bezeichnung des zur Vertretung der Antragsteller Bevollmächtigten,
  • die Begründung des Antrages ein­schließlich allfälliger Unterlagen,
  • die erforderliche Anzahl von Unter­schriften unter gleichzeitiger Angabe des Familien- oder Nachnamens und Vornamens, des Geburtsdatums und der Anschrift der Unterzeichner (An­tragsliste).
  • Entspricht der Antrag nicht den ge­setzlichen Erfordernissen, hat die Gemeindewahlbehörde den Antrag mit Bescheid als unzulässig zurückzu­weisen.

Erfüllt ein Gemeindevolksbegehren die gesetzlichen Voraussetzungen, so hat es die Gemeindewahlbehörde unter gleichzeitiger Verständigung des Bevollmächtigten im Wege des/der Bürgermeister*in dem bezeichneten Organ als Antrag zu übermitteln. Diese Anträge sind dann gleich zu behandeln wie „herkömmliche“ (selbständige) An­träge von Gemeinderatsmitgliedern, sind also dem Gemeindevorstand oder Ausschuss zuzuweisen und können in weiterer Folge angenommen oder ab­gelehnt werden.

 

Gemeindevolksbefragung

Zur Erforschung des Willens der Ge­meindebürger*innen über Gegenstände aus dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde, die von besonderer Bedeu­tung sind, kann der Gemeinderat eine Volksbefragung anordnen. Ausgenom­men davon sind wiederum Abgaben, Tarife und Gegenstände, die ausschließlich eine individuelle behördliche Entscheidung oder eine sonstige indivi­duelle personenbe­zogene Maßnah­me erfordern. 

Für die Durchführung gelten sinngemäß die nach § 58 Abs 1 K-AGO angepass­ten Bestimmungen des Kärntner Volks­befragungsgesetzes. 

Die Gemeindewahlbehörde hat das Ergebnis der Gemeindevolksbefragung festzustellen und in einer Niederschrift zu beurkunden. Der/die Bürgermeis­ter*in hat das Ergebnis an der Amts­tafel des Gemeindeamtes während zweier Wochen kundzumachen. Weitere (verbindliche) Wirkungen ergeben sich aus der Durchführung einer Gemeinde­volksbefragung nicht.

 

Bürgerversammlung

Der Zweck der Bürgerversammlung ist auf die wechselseitige Information zwischen Gemeindeverwaltung und Gemeindebürger*innen beschränkt und kann der/die Bürgermeister*in oder sonstige Organe über Angelegenheiten aus dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde berichten. Die Bürgerver­sammlung kann auch für einzelne Teile der Gemeinde gesondert abgehalten werden. 

Die Einberufung kann über zwei Wege erfolgen:

  • Der/die Bürgermeister*in kann ini­tiativ eine Bürgerversammlung nach eigenem Ermessen einberufen oder
  • eine Bürgerversammlung ist von dem/der Bürgermeister*in innerhalb von sechs Wochen einzuberufen, wenn ein solcher Antrag von mindes­tens fünf Prozent der zum Gemein­derat wahlberechtigten Gemeinde­bürger*innen unterstützt wird. Dem Antrag sind die erforderliche Anzahl von eigenhändigen Unterschriften von Gemeindebürger*innen unter gleichzeitiger Angabe des Familien- oder Nachnamens und Vornamens, des Geburtsdatums und der An­schrift der Unterzeichner*innen anzu­schließen.

Zeit und Ort der Bürgerversammlung sind rechtzeitig ortsüblich kundzu­machen. Den Vorsitz in der Bürger­versammlung führt der/die Bürger­meister*in oder ein von ihm bestelltes Mitglied des Gemeinderates als Vertre­ter. Dabei liegt es im freien Ermessen des/der Bürgermeister*in, ob der Vorsitz in der Bürgerversammlung selbst ge­führt oder ein Vertreter bestellt wird. Die Mitglieder des Gemeindevor­standes sind von dem/der Bürger­meister*in von der Abhaltung der Bürgerversammlung rechtzeitig zu verständigen. 

Inhaltlich ist nur über Angelegen­heiten aus dem eigenen Wirkungs­bereich der Gemeinde zu berichten. In der Bürgerversammlung sind die gesetzlich begründeten Verschwiegenheitsverpflichtungen (insbeson­dere die Amtsverschwiegenheit) zu wahren. Anschließend an den Bericht ist den Gemeindebürger*innen die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Eine Verpflichtung der Ge­meindeorgane, die in der Bürgerver­sammlung vorgebrachten Anregun­gen zu berücksichtigen, besteht aber nicht. Die Bürgerversammlung stellt demnach kein rechtliches, sondern ein politisches Instrument (der Bürgermeister*innen oder der Bürger*innen) dar.

 

Petitionsrecht

Durch die beschlossene Novellierung der K-AGO wird mit 1. Jänner 2023 ein sog. Petitionsrecht eingeführt bzw. gegenüber der bisher eher un­bekannten Fassung gemäß Staats­grundgesetz aus 1867 neu gefasst. So wird künftig jede Person das Recht haben, in den Angelegenhei­ten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde Eingaben allgemeiner Art an die Organe der Gemeinde zu richten. 

Solche Eingaben können schrift­lich, insbesondere elektronisch, oder mündlich eingebracht werden. Hierbei sind Name und Adresse anzugeben. Petitionen, die bei einem unzuständi­gen Organ eingebracht worden sind, sind unverzüglich an das zuständige Organ weiterzuleiten. Wurde eine Petition mündlich bei einem un­zuständigen Organ vorgebracht, ist der Einbringende an das zuständige Organ zu verweisen. Anonyme Einga­ben und solche, die ein Begehren oder eine Anregung nicht erkennen lassen, müssen nicht behandelt werden. 

Eingaben, die von mindestens fünf Prozent der wahlberechtigten Ge­meindebürger*innen unterfertigt sind, sind umgehend in Behandlung zu nehmen und spätestens innerhalb von sechs Monaten ab ihrem Ein­langen schriftlich zu beantworten. In derartigen Eingaben ist eine Person als Einbringer zu benennen und eine Zustelladresse anzugeben. Der/die Bürgermeister*in hat dem Gemeinde­rat jährlich bis spätestens 30. Juni einen schriftlichen Bericht über die Art der Behandlung und die Beantwortung dieser Eingaben im vorangegangenen Kalenderjahr zu erstatten.