Innovative Ansätze zum Wohl von Gemeinde und Lehrling

Karriere mit Lehre. Immer mehr Jugendliche, auch mit einer Matura in der Tasche, entscheiden sich für eine Lehre. Auch in Kärntens Gemeinden werden junge Menschen in zukunftsfähigen Lehrberufen ausgebildet. Die Nachfrage nach einer Lehre im öffentlichen Dienst ist meist größer als das Angebot an offenen Stellen.
Kärntens Ortszentren verwaisen zunehmend. Bobachtet man die demografische Entwicklung unseres Bundeslandes - von 1993 bis 1999 sind etwa die Geburtenzahlen um 18 Prozent gesunken -, dann mündet diese auch in einem Kampf um die Jugend. Vor allem junge Bewohner verlassen den ländlichen Raum. Die einen, weil sie für ein Studium wegziehen, die anderen, um fernab von Zuhause eine Schul- oder Berufsausbildung zu machen.
Dennoch gibt es Erfreuliches zu berichten: Kärnten ist das Land mit den höchsten Zuwachsraten bei Lehranfängern. Benno Tosoni, Leiter der Lehrlingsstelle der Kärntner Wirtschaftskammer, ist über das große Interesse bei Jugendlichen zum Thema Lehre sehr erfreut: „Derzeit machen 7.118 Jugendliche eine Lehre. Die Zahl der Lehrlinge mit Stichtag 31. August 2019 stieg um 3,7 Prozent an.“ Die Gründe sieht Tosoni breit gestreut. Einerseits ist es die gute wirtschaftliche Situation, andererseits fand auch ein Umdenken statt. „Die Lehre gewinnt wieder an Wertigkeit“, unterstreicht Tosoni. Und ein wichtiges Faktum kommt noch hinzu: Die Zahl der Maturanten, die sich für eine Lehrausbildung entscheiden, ist konstant hoch geblieben. Rund 3,9 Prozent der Lehranfänger haben eine Reifeprüfung. In Zahlen ausgedrückt: Im Vorjahr verfügten 293 Kärntner Lehrlinge über eine Matura. Dass Gemeinden, auch in Kooperation mit Wirtschaftsbetrieben, Lehrlinge ausbilden und somit ein wichtiger Arbeitgeber sind, sieht Tosoni sehr positiv. „Junge Menschen lernen dadurch sowohl die Privatwirtschaft als auch den öffentlichen Dienst kennen. Sie lernen die Unterschiede bzw. die Anforderungen kennen und profitieren immens von einer Kooperationslehre. Es ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.“
Gemeinden als Lehrlingsausbildner
Die 132 Gemeinden in Kärnten sind ein großer und wichtiger Arbeitgeber in unserem Bundesland. Peter Wedenig, Leiter des AMS Kärnten, dazu: „Um für neue Herausforderungen gewappnet zu sein, ist es auch auf Gemeindeebene wichtig, frühzeitig Fachkräfte für den Gemeindedienst auszubilden.“ Die Ausbildungsbereiche sind breit gestreut. Sie reichen von Finanz- und Rechnungswesenassistenz, Verwaltungsassistenz, Informationstechnologie/Informatik über Installations- und Gebäudetechnik bis hin zu Geoinformationstechnik. „Das Arbeitsmarktservice unterstützt die Gemeinden mit diversen Beratungsleistungen. Für das AMS sind die Gemeinden aber nicht nur ein wichtiger Ansprechpartner in Bezug auf Lehrstellen und Lehrlingsausbildung, sondern es besteht darüber hinaus eine starke Zusammenarbeit hinsichtlich der Beschäftigung und (Re-)Integration von speziellen Zielgruppen am Arbeitsmarkt“, so Wedenig. Als Beispiel dafür ist die „Aktion 20.000“ für langzeitbeschäftigungslose Menschen über 50 Jahre zu nennen. Wedenig: „Mit solchen Beschäftigungsprojekten schaffen wir gemeinsam mit den Gemeinden Chancen und Perspektiven für Personen, die es am Arbeitsmarkt besonders schwer haben.“
Dass eine Ausbildung eine klare Bindung zur Heimatgemeinde und zur Region herstellt, davon ist Ingo Appé, Bürgermeister der Stadtgemeinde Ferlach, überzeugt. „Wir bilden regelmäßig Lehrlinge aus und haben sehr gute Erfahrungen gemacht. Auch wenn wir es gerne möchten: wir können den Lehrlingen keine Garantie geben, sie nach der Lehre zu übernehmen. Das hängt vom jeweiligen Stellenplan ab. Es ist wichtig, dass Gemeinden dieser Aufgabe nachkommen. Wenn ein junger Mensch eine Ausbildung in der Nähe seines Wohnortes machen kann, stärkt das die Bindung der Jugendlichen zur Heimatgemeinde.“

LR Ing. Daniel Fellner
„Gemeinden planen beim Personal langfristig“
Kärntner Gemeindebund: Welche Rolle spielen Kärntens Gemeinden bei der Lehrlingsausbildung?
LR Daniel Fellner: Eine äußerst wichtige. Einerseits können sich Gemeinden durch die Ausbildung von Lehrlingen selbst hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen. Auf der anderen Seite ist es gerade im ländlichen Raum aufgrund des oftmals begrenzten Lehrstellen-angebotes quasi eine gesellschaftliche Verpflichtung der öffentlichen Hand, für ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen zu sorgen.
Warum ist es wichtig, dass Gemeinden dieser Aufgabe nachkommen?
Wenn man sich schon früh für eine Karriere im öffentlichen Dienst entscheidet, gibt es keine bessere Ausbildung als zum Beispiel die zur/m Verwaltungsassistentin/en. Denn auf die Herausforderungen, die die Arbeit in einer Gebietskörperschaft mit sich bringt, kann man am besten vor Ort in einer Gemeinde vorbereitet werden.
Wie steht es um die Berufschancen nach einer absolvierten Lehre?
Durchwegs gut. Viele Gemeinden planen nämlich langfristig und sorgen insofern vor, als dass sie natürliche Abgänge durch Pensionen zeitgerecht durch gut und selbst ausgebildete Lehrlinge abfedern. Selbst wenn bei einer Nachbesetzung ein Objektivierungsverfahren zu durchlaufen ist, sind die Lehrabsolventen der Kommunen hierbei meist nicht zu schlagen.
Warum würden Sie eine Lehre in einer Gemeinde/im öffentlichen Dienst empfehlen?
Aus allen genannten Gründen. Dazu kommen die Arbeitsplatzsicherheit im öffentlichen Dienst und auch die Möglichkeit, daheim im Ort einen attraktiven Job zu haben.
In Arnoldstein kooperiert beispielsweise die Gemeinde mit Wirtschaftsbetrieben bei der Lehrlingsausbildung. Soll dies künftig weiter forciert werden?
Wie in vielen Bereichen ist die Kooperation zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst auch hier ein immenser Mehrwert. So bekommen die Lehrlinge noch umfassendere Einblicke in die verschiedenen Möglichkeiten, die sich in der Berufswelt eröffnen.
"Die Lehre mit Matura ist sehr gefragt"
Die Stadtgemeinde St. Andrä blickt auf eine langjährige und auch sehr erfolgreiche Lehrlingsausbildung zurück. Viele Bedienstete haben mit einer Lehre begonnen und sind nun in leitenden Positionen tätig. „Im Rahmen unserer Personalentwicklung spielt die Lehrlingsausbildung eine sehr wichtige Rolle. Während der Ausbildung kristallisiert sich meist auch heraus, welche Abteilung für den jeweiligen Lehrling geeignet wäre. Ist nach einer erfolgreich absolvierten Lehre eine passende Planstelle frei, versuchen wir, diese natürlich mit einem Lehrling zu besetzen“, erklärt Amtsleiter Robert Astner. Generell ist die Nachfrage nach einer Lehre im öffentlichen Bereich groß. „Gemeinden haben eine hohe Verantwortung als Ausbildner. Viele Lehrlinge entscheiden sich auch für eine Lehre mit Matura. Ihnen stehen danach viele Möglichkeiten offen, auch der Weg zur Universität.“

Mit einer kleinen Feier wird in der Stadtgemeinde St. Andrä jeder Lehrling zu Beginn begrüßt. So auch Lisa Sorger, die gerade eine Lehre mit Matura als Verwaltungsassistentin begonnen hat. Bgm. Peter Stauber und Amtsleiter Robert Astner heißen sie herzlich Willkommen.